"Die Cyborg
ist eine überzeugte AnhängerIn von Partialität, Ironie, Intimität und
Perversität. Sie ist oppositionell, utopisch und ohne jede Unschuld.
Cyborgs sind nicht mehr durch die Polarität von öffentlich und privat
strukturiert, Cyborgs definieren eine technologische Polis, die zum
großen Teil auf auf einer Revolution der sozialen Beziehungen im oikos,
dem Haushalt beruht." (Donna Haraway)
"Dieses Essay ist ein Plädoyer dafür, die Verwischung dieser
Grenzen zu genießen und die Verantwortung bei ihrer Konstruktion (d.
Cyborgs) zu übernehmen."
Der Bezug zu Cyborgs hier auf dieser Seite ist an ein Essay von Donna Haraway's "Cyborg manifesto" bzw. "Ein Manifest für Cyborgs" aus dem Buch Die Neuerfindung der Natur angelehnt.
Von "Cyborgs" läßt sich nicht genau sagen, was sie nun genau
sind. Zum Einen dienen sie zum einen als Metapher zur Beschreibung des
Jetzt-Zustandes, in dem die diskursive Produktion der globalen
Vernetzung längst zur materiellen Gewalt über die Einzelnen geworden
ist (die Informatik der Herrschaft) andererseits als SciFi-Utopie der
Überwindung der Verhältnisse, der Gesellschaft, die durch die unten
genannten Trennungen konstituiert ist.
Es ist im übrigen nicht wirklich notwendig zur Teilname an der Kommune, diesen Text hier zu verstehen...
Schön, daß Du die Technik hast, dich mit Computer mit uns zu
vernetzen und somit diesen Text zu lesen. Wir sind halt alle ein wenig
Cyborg ;-).
Trotz Wiederholung will ich eine zentrale Textstelle gleich an
den Anfang stellen, bevor ihr mit lauter Details zugeflutet werdet:
Eine Cyborg definiert eine technologische Polis, die zum großen Teil
auf auf einer Revolution der sozialen Beziehungen im oikos, dem
Haushalt beruht. (Ein verbindender Baustein zwischen Kommune und
Cyborgs fehlt auch noch, nämlich die Thesen zur Organisation
(Vernetzung) und Ökonomie. Kommen demnächst)
Donna Haraway bezeichnet Cyborgs als Wesen ohne Herkunft.
Die Frage der Trennung von Mensch und Natur, stellt sich für
Cyborgs nicht. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, Mensch als eine
Zuschreibung an Männer in einer öffentlichen Sphäre und Natur als eine
Zuschreibung an Frauen, die sich hauptsächlich in privater Sphäre
bewegen, zu lesen. Also noch einmal: Die Frage der Trennung von Mensch und Natur, stellt sich für Cyborgs nicht.
Vielmehr sieht sie Natur als ein gesellschaftliches Verhältnis.Cyborgs sind hybride Chimären, verinnerlichte Grenzüberschreitungen.
Somit verweigern sie sich den ödipalen Träumen von Gemeinschaft
innerhalb einer schützenden, organischen Familie. Obwohl Cyborgs dem
militärisch-industriellen Komplex entstammen, haben sie keine Herkunft
in einem westlichen Sinne. Sie sind fragmentierte und ineinander
verschachtelte Identitäten, die von jeglicher Unschuld befreit sind und
nicht länger vom Dualismus öffentlich und privat strukturiert werden. Cyborgs Zusammensetzungen aus dem Organischen, Technischen, Mythischen, Textuellen und Politischen ... (Haraway, o.A.)
Haraway versucht mit der Konstruktion von Cyborgs einen Ausweg
aus den üblichen Rollenzuweisungen zu finden, nicht indem sie eine neue
Einheit ausruft, sondern indem sie ein Modell komplexer, überlagernder
Identitäten schafft, das wesentlich mehr Raum für Differenzen
ermöglicht, als die westlichen Erzählungen und traditionelle
marxistische Entwürfe es zulassen.
"Cyborgs sind geschöpfe aus der Post-Gender-Welt. Nichts
verbindet sie mehr mit Bisexualität, präödipaler Symbiose,
nichtentfremdeter Arbeit oder anderen Versuchungen, organische Ganzheit
durch eine endgültige Unterwerfung der Macht aller Teile unter ein
höheres Ganzes zu erreichen."
Die Cyborg ist eine überzeugte AnhängerIn von Partialität,
Ironie, Intimität und Perversität. Sie ist oppositionell, utopisch und
ohne jede Unschuld. Cyborgs sind nicht mehr durch die Polarität von
öffentlich und privat strukturiert, Cyborgs definieren eine
technologische Polis, die zum großen Teil auf auf einer Revolution der
sozialen Beziehungen im oikos, dem Haushaltberuht."
"Cyborgs sind respektlos."
[...]
Einen der wichtigen Fehler im Marxismus sieht sie in der
Behauptung von Unschuld, aus der die Konstruktion eines revolutionären
Subjektes folgte, z.B. der Proletarier, der auf der richtigen/ der
guten Seite vermutet wurde, weil er ehrlich arbeitet und herzlos von
den bösen Kapitalisten ausgebeutet wird. Gleichzeitig wendet sie sich
gegen die ontologisierenden Zuschreibungen an Frauen, die nunmehr Frau
als Klasse konstruieren wollen und in ihr das Gute per se vermuten, da
Frauen von Natur aus ... Ebendiese Natur (und die Rollenzuschreibung
Frau/ Natur) wischt Haraway beiseite und erfi ndet stattdessen mit
einem ironischen Augenzwinkern ihre Cyborgs.
Was ist also das verbindende mit dem Projekt?
In Kürze: Innerhalb einer kommunitären Ökonomie verschwindet die
ökonomische Grenze zwischen dir und mir, somit gibt es auch keine
abgespaltene Ökonomie politischer Gruppen mehr und auch kein davon
abgespaltenes Privates überleben. Es ist nicht mehr möglich, "für sich"
oder "für die Politik" zu arbeiten. Wie öffentlich und Privat in der
emanzipativen Bewegung entsteht, steht im Papier "Die Zeitmaschiene".
"Es soll keine Einheit, keine allumfassende Gemeinschaft
entstehen, der Charakter des Kollektivs soll sich aus der Summe der
einzelnen Teile ergeben und ihrem Zusammenwirken. Dabei soll kein
Interesse durch abstraktion auf ein allgemeines "weggekürzt" werden.
Differenzen sollen bestehen bleiben und somit frei zur Verhandlung und
Interaktion kommen, statt in zentralen Arenen (z.B. Plenas) im
"blutigen Kampf" um die Legetimität ausgetragen zu werden.
"Wir"sind nicht in erster Linie darauf aus, uns irgendwelche
(realen elektronischen) Schaltkreise in den Körper einzu Bauen -
andererseits ist Theorie, Wissen, Kommunikation gleichermaßen Technik,
die in uns eingebaut ist und an der wir "herumzuschrauben" gedenken.
Sie strukturiert unser Handeln, deshalb wollen wir sie strukturieren.
Dabei ist nichts natürlich. In Computernetzwerken sehen die
Möglichkeit, Macht/Einfluss/Kommunikation/Organisation/Planung
dezentral und somit individuell ohne Elite zu organisieren, ohne das
dadurch ein Einheitsprogramm entstehen muss. Dies ist kein Plädoyer für
Multi-Kulti oder Pluralismus.
Emanzipation ist eine Folge von Fähigkeiten und Möglichkeiten
und lässt sich somit nicht in Politik auflösen. Ein apolitisches
Konzept von Emanzipation ist denkbar.
Das bürgerliche (Waren-)Subjekt ist eine Verblendung, welches
die realen Zwänge und Eingebundenheit in die Verhältnisse in
konterkarikiert. Mitglieder einer kommunitären Ökonomie verabschieden
sich von diesem Schein und sind sich entweder wechselseitig Subjekt und
Objekt oder lösen diese Kategorien ganz auf. Ein Albtraum für
bürgerliche Ideologen, denn nicht Freiheit + Gleichheit sind unser
Ziel, sondern durch kollektives Wirtschaften unsere Möglichkeiten zu
potenzieren, sich von den Verhältnissen zu emanzipieren. Und zwar
solidarisch durch die gemeinsame ökonomie statt durch politische
Einheit. Konsens ist gut, wenn er entsteht, wenn sich Wissen durch
überzeugung verbreitet und ist schlecht, wenn er erzwungenermaßen
einzige Handlungsgrundlage ist.
Übrigens: Daß diese Seiten nicht repräsentativ für die
restlichen Beteiligten sind, ist Konsequenz dieses Ansatzes. Sie sind
Teil der Internen Diskussion, an der wir zur Beteiligung aufrufen,
gerade bei Differenzen (bei vorhandenen Gemeinsamkeiten: emanzipativer
Grundkonsens von grossprojekt.tk ist trotzdem Vorraussetzung).